Manfred Reuthe – Klavier (1)


BM_BookletVon Barock bis Impressionismus

Manfred Reuthe bietet große Klavierstandards neben ausgewählten Raritäten

Fangen wir mit dem Unbekannten an: Johann Nepomuk Hummel. Der war Österreicher und Schüler von Mozart. Heute ist er leider fast vergessen. Mit seinen Trompetenkonzerten hat er sich eine kleine Unsterblichkeit erschrieben, weil es nicht viele Konzerte für Trompete und Orchester gibt. Ansonsten taucht er in den Konzertprogrammen kaum mehr auf, dabei ist dieser kleine, dicke Mann, der bei Klavierabenden Zigarre rauchte und sie auch bei schwierigsten Passagen im Mund behielt, einmal einer der bekanntesten Pianisten und Komponisten Europas gewesen.

Chopin hat ihn geschätzt und sich seine Klavierkonzerte als Modelle für seine eigenen genommen. Hummel hat Symphonien, Messen, Konzerte, viel Kammermusik und Klaviersonaten komponiert, weil er sich aber als Nachfolger von Mozart und Beethoven fühlte, auch eine Fülle von Klaviervariationen. Die sind technisch schwierig und holen aus dem Thema das Maximale heraus. Das hört man auch gut an den hier gebotenen acht Variationen über das holländische Lied Wilhelmus von Nassauen. Recht viel mehr wird ein Komponist mit diesem eher bescheidenen Thema nicht anstellen können.

Die Variationen von Hummel dienen dem Pianisten Manfred Reuthe als Scharnier zwischen den Vorklassikern Domenico Scarlatti und Francesco Durante. Scarlatti ist durch Vladimir Horowitz zweihundert Jahre nach seinem Tod weltberühmt geworden, während Durante heute kein großer Name mehr ist.

Dabei hat Jean-Jacques Rousseau, der nicht nur Philosoph, Revolutionär, Pädagoge und Schriftsteller, sondern auch ein fähiger Komponist war, diesen Durante einmal so beschrieben: Le plus grande harmoniste D’Italie, c’est-à-dire du monde (der größte Harmoniker Italiens und damit der ganzen Welt). Ganz so enthusiastisch wird man das heute nicht mehr sehen, aber Durante war tatsächlich ein guter Komponist, der sich darauf verstand, harmonisch eingängige, wohltönende, fast schon populäre Kirchenmusik zu schreiben. Manfred Reuthe bietet hier zwei Etüden und Divertimentos, die als Klavieraufnahmen Seltenheitswert haben.

Estampes sind eigentlich Druckgrafiken, und so hat Claude Debussy sich seine Ideen zu den als Estampes bezeichneten Klavierstücken wohl auch vorgestellt: als thematische Anregungen, die von Drucken ausgingen. Vorstellungen fernöstlicher Szenen (Pagodes) mischen sich mit spanischen Impressionen (La soirée dans Grenade) und Gärten im Regen (Jardins soul la pluie), die auch Claude Monet so gesehen haben könnte.

Emmanuel Chabrier hat im Gedächtnis des Publikums mit seinem mitreißenden Orchesterstück Espana überlebt, einer Aneinanderreihung spanischer Themen, die Chabrier effektvoll instrumentiert hat. Chabriers spanische Themen sind dermaßen gut ausgewählt, zündend und klangschön, dass Emil Waldteufel (der mit dem Schlittschuhläufer-Walzer) sie in einem Walzer verwurstet hat und das deutsche Schlager-Duo Cindy und Bert sie auf Schlager-Niveau abgesenkt haben.

Manfred Reuthe spielt von Chabrier die Bourrée fantasque, ein Mittelding aus Toccata und Scherzo, in der Reminiszenzen an Mendelssohn, Liszt und Henri Herz stecken, während Ravel, Albéniz, de Falla und sogar Bartok vorweggenommen werden. Diese Bourrée ist ein hochvirtuoser Rausschmeißer, der diese CD würdig und effektvoll beschliesst.

Prof. Manfred Reuthe gehört zu den Altmeistern am Klavier. Er hat auf der ganzen Welt konzertiert, unterrichtet und Klavierabende gegeben, aber wie der typische Klavierprofessor spielt er deshalb noch lange nicht – ganz im Gegenteil: selten wird man die Barcarolle von Chopin so zupackend, dramatisch und gleichzeitig innig wie auf dieser CD gehört haben.

Bestellnumer: BM312461 

Mit Professor Manfred Reuthe gibt es folgende weitere CDs:

BM312462 Manfred Reuthe – Klavier (2)

BM312391 Klaviermusik von Milhaud, Messiaen, Ravel