Philharmonia Quartett Berlin – Brahms: Die Streichquartette


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Brahms: Die Streichquartette

Philharmonia Quartett Berlin

Johannes Brahms war einer der größten Zerstörer der Musikgeschichte. Er hat buchstäblich hunderte von Werken zerstört.

Nein, nein, keine Angst: wir reden jetzt nicht von Werken anderer Komponisten. Brahms ist nicht mit Schere, Zündholz und Säureflasche auf Werke von Wagner, Verdi, Dvorak oder Bruch losgegangen, sondern auf seine eigenen.

Als Brahms 1873 mit seinem ersten Streichquartett an die Öffentlichkeit trat, da war er bereits vierzig Jahre alt. Bis dahin hatte er nach eigener Aussage 20 Streichquartette geschrieben und wieder vernichtet. Warum? Weil sie ihm nicht gut genug waren. Dabei hatte er 1868 bereits sein großes Requiem für Chor und Orchester geschrieben, die erste Symphonie begonnen und einige große Kammermusikwerke mit Klavier, darunter das hochdramatische Klavierquintett in f-Moll (op. 34), komponiert.

Obwohl Brahms ein sarkastischer, bärbeißiger und manchmal ziemlich ungehobelter Mensch war – so hat er sich nach Stammtischen-Abenden stets dafür entschuldigt, sollte er einen der Anwesenden nicht beleidigt haben -, gehört diese Besessenheit, dieses andauernde Streben nach Qualität, lange bevor die Japaner die statistischen Qualitätskontrollen erfanden, zu einem der sympathischsten Züge dieses kleinen großen Mannes. Genau wie Anton Bruckner, den er persönlich nicht mochte, dessen virtuose Kompositionstechnik er jedoch heimlich bewunderte, war Brahms ein Mensch, der Werke anfing, zur Seite legte, wieder von vorne anfing, alles in den Papierkorb warf, noch einmal anfing – und das ganze Stück dann oft erst nach Jahren vollendete.

Das ist der Grund, warum es in Brahms‘ Oeuvre nichts Zweitklassiges gibt, keine schnell hingeschriebenen Unterhaltungsstücke, keine musikalischen Schlachtgemälde à la Beethovens Schlacht bei Vittoria, ja nicht einmal Sonatinen für Dilettanten oder die kleine Tänze für Amateurensemble, die so viele andere Komponisten verfasst haben. Brahms ist immer Brahms und immer auf höchstem Niveau.

Das ist auch bei seinen drei Streichquartetten der Fall. Die sind melodisch nicht so eingängig wie die Quartette von Borodin oder Dvorak aus derselben Zeit, deshalb sind sie auch nicht ganz so bekannt – dafür handelt es sich jedoch um ausgewogene, abgeklärte und in sich geschlossene Werke, die ihresgleichen suchen. Brahms‘ Klaviertrios sind dramatischer, seine Streichquintette und –sextette eingängiger, die Violinsonaten verfügen über die schöneren Melodien, aber seine Quartette sind Muster der Formbeherrschung.

Das 1875 komponierte dritte Quartett in B-Dur op. 67 bildet laut dem Brahms-Biographen Karl Geiringer einen fröhlich-bukolischen Gegensatz zu den ersten beiden Quartetten, die ernster im Charakter sind und die gewisse, für Brahms typische, herbe Kargheit wiederspiegeln.

Das Philharmonia Quartett Berlin ist dazu prädestiniert, die Brahms-Quartette zu spielen, wie kaum ein anderes Ensemble. Die vier Musiker, die alle Mitglieder der Berliner Philharmoniker sind, kennen auch Brahms‘ Orchesterwerk durch und durch, und das hört man. Die Mitglieder des Ensembles, die in den dreißig Jahren, seit denen das Quartett nun besteht, zweimal den Deutschen Schallplattenpreis und dreimal den ECHO Klassik gewonnen haben, legen hier eine Aufnahme vor, die sich mit den besten messen kann und sie in puncto Virtuosität, Durchdringung der Struktur und kantablem Spiel womöglich übertrifft. Das ist ein endgültiges Wort von vier Musikern, der sich ihr Leben lang mit Johannes Brahms beschäftigt haben – eine Einspielung, die beim Hörer tiefe Zufriedenheit, ja Glück hinterlässt.

Bestellnummer: CTH2623/2